Mehr Unterhalt bei fehlenden Wohnkosten
Wie sich Wohnkosten neuerdings auf den Unterhalt auswirken
Laut Statistik Austria haben rund zwei Drittel aller Haushalte Wohnkosten in Form von Miete oder Kredite für Eigentumswohnungen zu tragen.
Sofern Unterhaltsberechtigte (z.B. Kind, (geschiedene) Ehefrau/Ehemann etc.) keine solchen Wohnkosten zu tragen haben, wird angenommen, dass sie zur Deckung ihres Unterhalts regelmäßig nicht den gesamten zustehenden, sich rechnerisch ergebenden Geldunterhalt benötigen. Eine solche „Wohnkostenersparnis“ wird dann bei der Unterhaltsberechnung berücksichtigt und der Unterhalt gekürzt. Diese Wohnkostenersparnis orientiert sich am fiktiven Mietwert der Wohnung. Bei durchschnittlichen Verhältnissen lässt die Rechtsprechung eine Kürzung des Geldunterhaltsanspruchs aber nur um rund ein Viertel zu, damit dem Unterhaltsberechtigten noch ein Unterhalt in Geld zukommt.
Basis für die Unterhaltsberechnung ist grundsätzlich das gesamte Jahreseinkommen des Unterhaltspflichtigen. Wohnkosten (Betriebskosten, Miete, Kredite) des Unterhaltspflichtigen können von der Unterhaltsbemessungsgrundlage grundsätzlich nicht abgezogen werden. Bisher nimmt die Judikatur an, dass der Unterhaltspflichtige im Regelfall solche eigene Wohnkosten ohnehin zu tragen hat. Durch einen etwaigen „Wohnvorteil“, der dadurch entsteht, dass der Unterhaltspflichtige Eigentum besitzt und keine solchen Wohnkosten zu tragen hat, steigt seine Leistungsfähigkeit somit an. Unklar war bislang was passiert, wenn ein Unterhaltspflichtiger keine solche Wohnkosten und daher mehr Geld für andere Dinge hat. Erhöht sich dann die Unterhaltsbemessungsgrundlage?
Laut OGH ist es sachgerecht, dass der Unterhaltsberechtigte an einer solchen gestiegenen Leistungsfähigkeit partizipiert. Im Gegensatz zu Unterhaltsberechtigten, die den Wohnbedarf in einer ihnen selbst gehörenden Eigentumswohnung ohne Kreditverpflichtungen decken und ebenso nicht mehr des gesamten festgesetzten Geldunterhalts bedürfen, um das vollständige Unterhaltsbedürfnis zu decken, wäre es eine Ungleichbehandlung, jeglichen „Wohnvorteil“ auf Seiten des Unterhaltspflichtigen außer Betracht zu lassen.
Deswegen erhöht sich nun die Unterhaltsbemessungsgrundlage in jenen Fällen, in denen der Unterhaltspflichtige nichts zum Erwerb seiner Wohnmöglichkeit beigetragen hat (Schenkung, Erbe, gratis Wohnmöglichkeit etc.) und ihm daher keine Wohnkosten anfallen. Dies geschieht grundsätzlich durch Anrechnung eines fiktiven Mietwerts einer angemessenen kleineren Wohnung. Bei durchschnittlichen Verhältnissen wird auf den durchschnittlichen Hauptmietzins laut Statistik Austria abgestellt. Dieser belief sich Ende 2023 ohne Betriebskosten inklusive USt. für einen Einpersonenhaushalt auf € 634.-.
Unterhaltserhöhungsansprüche können auch rückwirkend geltend gemacht werden.
Dr. Andrea Höfle-Stenech, LL.M.
RA bei Advokaten Keckeis Fiel Scheidbach OG
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