Neue Anrechnung des Naturalunterhalts „Wohnen“ beim Ehegattenunterhalt
Ist Unterhalt in Geld zu zahlen, kann Naturalunterhalt angerechnet werden (zB jemand wohnt in einer Wohnung, für welche der Unterhaltspflichtige Kreditraten zahlt).
Nach der Rechtsprechung sind für die Anrechnung des Naturalunterhalts nicht die Kreditraten, sondern der fiktive Mietwert heranzuziehen. Steht die Wohnung im gleichteiligen Miteigentum oder gemeinsamen Wohnungseigentum, ist auch die anteilige eigene Wohnversorgung des Unterhaltsberechtigten zu berücksichtigen.
Auch bei berechtigtem Auszug des Unterhaltspflichtigen führt es in diesen Fällen zur Anrechnung der Hälfte des fiktiven Mietwerts, während es bei Mitbenützung oder unberechtigtem Auszug des Unterhaltspflichtigen unter Berücksichtigung seines Kopfteils zur Anrechnung nur eines Viertels kommt. Im Falle von Alleineigentum ist dagegen der ganze fiktive Mietwert anzurechnen, wenn der Unterhaltspflichtige die Wohnung berechtigt verlassen hat.
In einer aktuellen Entscheidung des OGH hat der OGH diese nicht begründbare schlechtere Behandlung des Unterhaltspflichtigen im Fall des Miteigentums oder gemeinsamen Wohnungseigentums aufgegriffen, weil der anteiligen eigenen Wohnversorgung des Unterhaltsberechtigten dadurch nicht Rechnung getragen wird.
Der OGH hält nun auch in den Fällen des Miteigentums an der Ehewohnung bzw. des gemeinsamen Wohnungseigentums die Berücksichtigung der anteiligen eigenen Wohnversorgung des Unterhaltsberechtigten unter den bei Alleineigentum geltenden Voraussetzungen für richtig. Betroffene sind daher angeraten zu prüfen, ob sich dadurch eine Änderung des jeweiligen Unterhalts ergibt.
Naturalunterhalt ist grundsätzlich nur im angemessenen Umfang anzurechnen; dem Unterhaltsberechtigten hat stets ein in Geld zu leistender Unterhalt zuzukommen, weil er von der Wohnung allein nicht leben kann. Wo die Angemessenheitsgrenze liegt, ist eine Einzelfallentscheidung. Bei durchschnittlichen Verhältnissen lässt die Rechtsprechung eine Kürzung des Geldunterhaltsanspruchs aus dem Titel der Wohnversorgung nur um rund ein Viertel zu.
Dr. Andrea Höfle-Stenech, LL.M.