Die Advokaten, Rechtsanwälte in Feldkirch in Vorarlberg

Recht auf Rechtsbeistand bei polizeilicher Vernehmung

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat in seinem Urteil vom 27.11.2018 (Soytemiz gegen Türkei) das Recht auf Rechtsbeistand bei polizeilichen Vernehmungen bekräftigt.

Der aktuelle § 164 der österreichischen StPO bestimmt, dass der Beschuldigte zwar das Recht auf Beiziehung eines Rechtsanwaltes zu der Vernehmung hat, dieser sich jedoch an der Vernehmung in keiner Weise beteiligen darf. Erst nach Abschluss darf der Rechtsanwalt Fragen an den Beschuldigten richten bzw. Erklärungen abgeben. Über die Beantwortung einzelner Fragen darf sich der Beschuldigte mit ihm nicht beraten.

Aufgabe und Pflicht des Rechtsbeistandes
Der EGMR erläutert, was Aufgabe und damit Pflicht des Rechtsbeistandes ist. Diese Aufgabe geht über die Rechte in der österreichischen Strafprozessordnung wesentlich hinaus.

So umfasst das Recht auf Rechtsbeistand die Anwesenheit eines Rechtsanwaltes und die aktive Beratung während der gesamten Vernehmung. Eine Einschränkung dieses Rechts sei nur bei Vorliegen zwingender Gründe gerechtfertigt.

Änderung der Strafprozessordnung
Die Rechtsanwaltschaft hat bereits 2004 zum Entwurf des Strafprozessreformgesetzes argumentiert, dass die bloße Anwesenheit während der Vernehmung keine Vertretung sein kann und auch das Fragerecht im Anschluss daran nichts ändert. Der Gesetzgeber ist dem aber vor allem mit dem Argument, es seien die Ermittlungen dadurch erschwert oder sogar unmöglich, nicht gefolgt.

 Nunmehr hat der EGMR, wie auch schon in anderen Fällen zuvor, dieses Recht auf Rechtsbeistand bei polizeilichen Vernehmungen als ein dem Artikel 6 EMRK (Recht auf ein faires Verfahren) innewohnendes Recht festgestellt. Der Gesetzgeber ist somit aufgerufen, § 164 StPO umgehend in diesem Sinne zu ändern. Denn der stumme Rechtsanwalt während der Vernehmung gehört nun der Vergangenheit an.

 Dr. Andrea Höfle-Stenech, LL.M.