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Mündliches Testament im Spital zulässig?

Die Einhaltung der Formvorschriften bei der Testamtserrichtung ist oft entscheidend für die Gültigkeit des Testaments. Seit 2005 darf man ein mündliches Testament nur mehr in einer Notlage errichten, wenn „die Gefahr droht, dass der Erblasser stirbt oder die Fähigkeit zu testieren verliert“. Davor war das mündliche Testament unter Beiziehung dreier Zeugen ohne Ausnahmesituationen erlaubt.

Zeugen erforderlich
Für ein reguläres, von fremder Hand verfasstes Testament benötigt man drei Zeugen. Für ein mündliches Testament nur zwei. Der Oberste Gerichtshof betont in einem aktuellen Fall den Ausnahmecharakter eines mündlichen Testaments.

Widerstreitende Testamente
Ein Arzt lag im Spital auf der Intensivstation. Er war bettlägrig, aber geistig hell wach und konnte nicht mehr ganze Sätze schreiben. Seine Frau – eine Juristin – organisierte in Unkenntnis der geänderten Rechtslage zwei Zeugen, vor denen der Mann im Spital mündlich testierte, dass sein Neffe und seine Nichte alles erben sollten. Gemäß einem älteren, schriftlichen Testament sollten allerdings seine Geschwister alles erben. Der Bruder klagte daraufhin, dass das neue, mündliche Testament nicht gültig sei.

Frage der Zumutbarkeit
Im Gegensatz zum Oberlandesgericht Wien, welches das Nottestament für wirksam zustande gekommen betrachtete, entschied der Oberste Gerichtshof, dass es dem Mann, der sich nicht in einer akuten Lebensgefahr befunden hatte, zumutbar gewesen wäre, im Spital ein Testament von jemand anderem schreiben zu lassen. Wenn es ihm nicht zumutbar gewesen wäre, dafür drei Zeugen zu finden, die nicht im letzten Willen begünstigt werden oder mit einem Nutznießer verwandt sind, ist das mündliche Testament gültig. Diesen Beweis müssen nun der Neffe und die Nichte erbringen.

Dr. Andrea Höfle-Stenech, LL.M.
30.05.2016