Auskunftsanspruch im Verlassenschaftsverfahren
Wenn die Erben ungleich bedacht wurden, ist Streit nicht auszuschließen.
Laut Gesetz hat sich ein Erbe auf Verlangen eines anderen vom Verstorbenen erhaltene Schenkungen (bis auf wenige Ausnahmen) auf sein Erbe anzurechnen, außer der Verstorbene hat die Anrechnungsfreiheit letztwillig verfügt oder mit dem Erben vereinbart.
Handelt es sich beim Beschenkten um einen Pflichtteilsberechtigten, sind die Schenkungen unbefristet mit dem Wert zum Schenkungszeitpunkt samt VPI-Wertentwicklung anzurechnen. Bei nicht Pflichtteilsberechtigten nur 2 Jahre zurück.
Auskunftsanspruch
Wenn nicht viel zum Vererben übrig ist oder ein Erbe zu Lebzeiten schon bedacht wurde, möchten die übergangenen Erben oft in Erfahrung bringen, wieviel ein Erbe geschenkt bekommen hat. Erbberechtigte Personen hatten bisher einen Auskunftsanspruch nur gegen die Verlassenschaft und die Erben. Seit dem Erbrechtsänderungsgesetz 2015 besteht bei Todesfällen nach 1.1.2017 ein solcher Anspruch auch gegen Dritte (z.B. Pflegerin), die nicht gesetzliche Erben sind.
Diese Neuerung schafft eine beträchtliche Erleichterung für den Auskunftsberechtigten, da dieser oft nicht weiß, welche Schenkungen der Verstorbene zu Lebzeiten gemacht hat.
Im Gesetz ist nicht geregelt, ob der Auskunftsberechtigte einen Auskunftsanspruch hat über die Frage, ob der Dritte überhaupt beschenkt wurde oder ob er objektive Umstände glaubhaft machen muss, dass der Verstorbene eine Schenkung an eine Person gemacht hat.
Indizien ausreichend
Der OGH hat in einer aktuellen Entscheidung dazu ausgesprochen, dass der Anspruchsteller nur Umstände behaupten und beweisen muss, die auf Schenkungen des Verstorbenen schließen lassen. Wenn ein Pflichtteilsberechtigter bereits Schenkungen erhalten hat, liegt laut OGH schon darin ein ausreichendes Indiz dafür, dass noch weitere solche Schenkungen an diesen erfolgt sind. Der Beschenkte muss somit unter Eid umfassend über alle zu Lebzeiten erhaltenen Schenkungen Auskunft geben und den anderen Erben den daraus resultierenden Erhöhungsbetrag auszahlen.
Dr. Andrea Höfle-Stenech, LL.M.